In seiner Antrittsvorlesung am 22. Juni 2021 beschäftigte sich Attila Pausits mit „Hochschulen im Wandel der Zeit: Wechselwirkungen zwischen Hochschulforschung und Hochschulentwicklung“. Mit 1. Oktober 2020 wurde er als Universitätsprofessor an die Universität für Weiterbildung Krems berufen, wo er Leiter des neu gegründeten Departments für Hochschulforschung wurde. Er skizzierte das Wesen der Universität als Ort der Lehre, Forschung und Responsible Science/dritten Mission:
In seinen Begrüßungsworten zur Antrittsvorlesung unterstrich Rektor Mag. Friedrich Faulhammer die Bedeutung der Professur von Univ.-Prof. Dkfm. Dr. habil Attila Pausits, der die einzige Professur für Hochschulforschung und Hochschulentwicklung in Österreich innehat.
Hochschulforscher Pausits ging eingangs auf die historische Dimension der Einrichtung Universität, deren Geschichte mit der Universität von Bologna 1088 beginnt, und ihre fünf Kernaufgaben ein, die sich in drei bis heute gültige Bereiche gliedern: akademische Berufsvorbereitung und allgemeine Bildung entsprechen der Lehre. Forschung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sind der zweite Bereich. Die Beiträge zur gesellschaftlichen Situationsdefinition bilden das Thema Responsible Science/dritte Mission.
Die Universität als Forschungsgegenstand
Die große Zahl an konstruktivistischen Hochschulmodellen illustriert die Herausforderung, sich auf theoretischem Weg der Institution Universität zu nähern. Universitäten wurden beispielsweise von Karl E. Weick in den 1960er-Jahren als „lose gekoppeltes System“ beschrieben, Ende der 1970er-Jahre als „professionelle Bürokratie“ von Henry Mintzberg, welcher seinerseits auf Ideen von Max Weber aufbaute, und in den 1980er-Jahren als „Multiversity“ von Clark Kerr. Wirkungsmächtig war die Ende der 1990er-Jahre von Burton R. Clark entwickelte Idee der „unternehmerischen Universität“.
Ebenen der Hochschulforschung
Die Anfänge der Hochschulforschung gehen auf die USA in den 1940er-Jahren zurück. In Europa führten die Expansion des Hochschulwesens und Studierendenproteste erst in den 1960/70er-Jahren zur Etablierung der Hochschulforschung. Bei all den vielfältigen gesellschaftlichen Funktionen und universitären Modellen überrascht es nicht, dass es nicht die Hochschulentwicklung gibt. Vielmehr sei eine Differenzierung nach System, Institutionen und Akteur_innen oder allgemeiner nach Makro‑, Meso- und Mikroebene erforderlich. Am Beispiel der hochschulischen Weiterbildung exemplifizierte Pausits diesen Gedanken: Auf Systemebene gehe es um Fragen des Wettbewerbs, Steuerung und Anpassung. Auf der Ebene der Institutionen müssten Freiräume gesucht und eine strategische Positionierung vorgenommen werden, wobei der Markt, verschiedene Modelle, Formate etc. zu berücksichtigen wären. Und auf der Individuumsebene kann noch unterschieden werden zwischen dem Wert für Studierende hinsichtlich ihres Abschlusses und erworbenen Kompetenzen sowie dem Wert für die Lehrenden, wo Karriereüberlegungen, der Nutzen des Wissenstransfers und die berufliche Abwechslung einfließen.
Hochschulen im Fokus eigener Forschung
Das große thematische Spektrum der Hochschulforschung erfordert eine Breite der Methoden und erkenntnistheoretischen Zugänge, die durch inter- und transdisziplinäre Arbeit sichergestellt wird. Hier kommt unter anderem Wissen der Soziologie, der Organisationswissenschaft und der Betriebswissenschaft zum Einsatz. Dabei darf der Umstand nicht vergessen werden, dass sich Universitäten in der Hochschulforschung im Spannungsfeld als Beteiligte und Betroffene zugleich wiederfinden. Dies führt einerseits zur Selbstobjektivierung, worauf etwa Univ.-Prof. Dr. Heiner Rindermann hinwies, andererseits bestehe die Gefahr der Selbstüberschätzung.
Mit dem Anspruch, Forschung zu betreiben, die über den Zeitgeist hochschulischer Diskurse hinausgeht und den Blick in die Zukunft zu richten, um durch Problemantizipation Antworten auf kommende Herausforderungen zu finden, untermauert die Hochschulforschung ihre hohe Relevanz. So wurde im Bereich der dritten Mission schon an Indikatoren und Deskriptoren geforscht, als Messbarkeit noch kein Thema war. Als diese Frage schlagend wurde, konnte die OECD bereits auf Forschungsergebnisse zurückgreifen und diese übernehmen.
Über die Person
Pausits studierte Betriebswirtschaft an der Universität Eichstätt-Ingolstadt, promovierte an der Universität Flensburg und habilitierte sich 2015 in Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Universität Sopron, vormals Westungarische Universität.
Internationalität und Vernetzung spiegeln sich in den Funktionen von Pausits wider. Der Hochschulforscher ist Vorstandsvorsitzender der European Higher Education Society (EAIR), Mitbegründer des österreichischen Netzwerks für Hochschulforschung, im Vorstand des Austrian University Continuing Education Network sowie Koordinator des Erasmus Mundus Master Programms „Research and Innovation in Higher Education, MSc (MARIHE)“. Neben Forschungsprojekten zu Lern- und Lehrtools an Universitäten in Afrika, Third Mission an Universitäten und Qualitätsausweitung der universitären Lehre ist Pausits aktuell im Erasmus+ ‑Projekt Steering Higher Education for Community Engagement (SHEFCE) involviert, leitet ein Forschungsprojekt über die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft in Österreich und ist Studienautor der aktuell erschienenen Studie „Distance Learning an Hochschulen in Österreich“.